Sommerakademie für plurale Ökonomik 2018: Workshops

 

Allgemeine Informationen

Die Workshops sind das Kernelement der Sommerakademie. Unser Ziel ist es, dass die Workshops Euch eine tief gehende und intensive Lernerfahrung bieten, deswegen werdet Ihr an einem Workshop die gesamte Woche über teilnehmen. Wie Du im Wochenplan sehen kannst, wird es insgesamt 16 Workshop Einheiten geben (inklusive interdisziplinärer Einheiten und Dokumentation), was einem kompletten Kurs über ein Semester an einer Universität entspricht.

Die Workshops sind so angelegt, dass Sie euch einen guten Einstiegspunkt in die entsprechende ökonomische Denkschule bieten. Deshalb wird - abgesehen von einem allgemeinen Interesse an Wirtschaft(-swissenschaft) - kein weiteres Vorwissen oder ein spezifisches Studienfach vorausgesetzt. Mach' Dir also keine Sorgen, wenn Du noch nie etwas von Komplexitätsökonomik oder Institutionenökonomik gehört hast - alles was Du brauchst, ist das Interesse eine neue Denkschule kennen zu lernen.

 

Workshop 1: Komplexitätsökonomik

Claudius Gräbner (Universität Linz)

Torsten Heinrich (Universität Oxford)

Sprache: Englisch

Dieser Kurs beschäftigt sich sowohl mit theoretischen, als auch mit methodologischen Konzepten der Komplexitätsökonomik. Wir beginnen mit einer Geschichte der Komplexitätsökonomik und ihren Wurzeln in verschiedenen Disziplinen. Wir gehen dann auf die meta-theoretischen Grundlagen und ihre Beziehungen zum philosophischen Konzept des Systemismus ein. Die Teilnehmenden erhalten eine Einführung in die vielfältigen Modellierungsansätze der Komplexitätsökonomik: Spieltheorie, evolutionäre Dynamiken, nicht-lineare dynamische Systeme und Netzwerktheorie. In der Diskussion empirischer Aspekte der Komplexitätsökonomik konzentrieren wir uns auf die Bedeutung von heavy tailed-Verteilungen, wie zum Beispiel Power Laws, und wie mit diesen umzugehen ist. Ein Slot pro Tag führt die Teilnehmenden in die Programmiersprache Python und die Technik agentenbasierter Simulationen ein.

 

Workshop 2: Feministische Ökonomie

Lilly Schön (HTW Berlin)

Justina Lee

Sprache: Englisch

In diesem Workshop wollen wir der Frage nachgehen, wie sich eine Geschlechterperspektive unseren Blick auf die Dynamiken der Krise und ihre Auswirkungen ändert. Dafür werden Phänomene wie unbezahlte Carearbeit, geschlechtliche Arbeitsteilung und Machtverhältnisse mit in den Blick genommen. Zuerst soll ein Überblick über die verschiedenen Strömungen der feministischen Ökonomie gegeben werden und erörtert werden, welche Perspektiven sie jeweils auf die Wirtschafts- und Finanzkrise ermöglichen. Außerdem wollen wir uns Fragen wie der Reproduktionskrise, den spezifischen Auswirkungen von Austeritätspolitik auf Frauen, auch in Ländern des Globalen Südens, und gesellschaftlichen Kämpfen, die diese Themen bearbeiten, widmen.

 

Workshop 3: Entwicklungsökonomik

Collin Constantine (Kingston University / INET)

Sprache: Englisch

Dieser Workshop gibt eine Einführung in die politische Ökonomie wirtschaftlicher Entwicklung aus theoretischer, historischer und vergleichender Perspektive. Besonderes Gewicht wird auf die empirische Anwendung verschiedener theoretischer Ansätze zu Wirtschaftswachstum, Einkommensverteilung, Globalisierung und Governance gelegt. Der Kurs bezieht sich vorallem auf Forschung aus der politischen Ökonomik, Post-Keynesianischer Ökonomik, klassischer Entwicklungsökonomik und Geschichte. Am Ende des Kurses sollten die Teilnehmer*innen über Kenntnisse der verschiedenen Theorien verfügen um aktuelle Debatten rund um Regierungsformen, die Verbindung zwischen Wachstum und Verteilung, Industriepolitik und Gloalisierung verstehen zu können. Der Workshop befasst sich mit einer Reihe von Kernfragen: Was sind die historischen Ursprünge der ungleichen Wohlstandsverteilung, die wir heute sehen? Welche Rolle hat der Westen sowohl bei Erfolgen als auch bei Versagen gespielt? Was ist die Rolle des Staats in der wirtschaftlichen Entwicklung? Wie beeinflussen Geographie, Institutionen, und Produktionsstruktur ökonomischen Wandel?

 

Workshop 4: Postwachstum und Ökologische Ökonomik

Corinna Dengler (Universität Vechta)

Birte Strunk (Institut für zukunftsfähige Ökonomien (ZOE))

Sprache: Englisch

In diesem Workshop geht es um eine systematische Auseinandersetzung mit dem Degrowth-Diskurs, sowie dessen Einordnung in die Ökologische Ökonomie. Zu Beginn des Workshops setzen wir uns mit der Notwendigkeit einer sozial-ökologischen Transformation und einer Kritik am grünen Wachstum als Lösung für ökologische Herausforderungen unserer Zeit, auseinander. In einem nächsten Schritt diskutieren wir theoretisch-konzeptionelle Grundlagen für eine sozial-ökologische Transformation hin zu einer Postwachstumsgesellschaft. In einem dritten und letzten Teil werden bestimmte, auch innerhalb des Degrowth-Diskurses kontrovers diskutierte Themen behandelt, so z.B. Degrowth und der Staat, feministische Perspektiven auf Degrowth und Verbindungslinien zu Umweltgerechtigkeitsbewegungen im Globalen Süden.

 

Workshop 5: Institutionenökonomik

Stephan Panther (Cusanus Hochschule, Bernkastel-Kues)

Sprache: Englisch

Institutional Economics ist als Begriff mehrdeutig. Die dem Mainstream zugehörige New Institutional Economics hat insbesondere in den 1990er und 2000 Jahren einen enormen Siegeszug erlebt, als Teil eines Institutional Turns in allen Sozialwissenschaften. Im Rahmen dieser Entwicklung hat aber auch der Original oder Critical Institutionalism in der Ökonomie in der Tradition von Thorstein Veblen einen gewissen Aufschwung erlebt. Wie kaum ein anderer steht Geoffrey Hodgson für diesen Aufschwung. Kernkonzepte sind Gewohnheit, Wandel und Evolution. Ohne die Mainstream Variante zu vergessen wird der Critical Institutionalism im Vordergrund des Workshops stehen. Dabei werden insbesondere die zahlreichen Anknüpfungsmöglichkeiten zu verschiedenen Richtungen der  (neuen) Wirtschaftssoziologie exploriert (Bourdieu's Habitus, Feldtheorien, Economie des conventions) und der Frage nachgegangen, wie auf dieser Basis eine normativ gehaltvolle Wirtschaftstheorie, mit der man den Wandel gegenwärtiger Institutionen vorantreiben kann, entstehen kann.

 

Workshop 6: Ungleichheitsökonomik

Sebastian Gechert (Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK))

Jan Behringer (Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK))

Sprache: Deutsch

Der Workshop beschäftigt sich mit der Einkommens- und Vermögensverteilung in Europa und weltweit und geht dabei auch auf Indikatoren und Datenquellen der Ungleichheitsforschung ein. Die Teilnehmenden erhalten einen Überblick über historische und aktuelle Ungleichheitsentwicklungen und deren Ursachen und politische Implikationen. Der Workshop beschäftigt sich außerdem mit dem Verhältnis von Ungleichheit und makroökonomischen Entwicklungen.

 

Workshop 7: Politische Ökonomie

Anil Shah (Universität Kassel, PowerShift)

Jannis Eicker (Universität Kassel)

Sprache: Englisch

Mit Beginn der Finanzkrise in 2007, gilt den Werken von Karl Marx neue Aufmerksamkeit. Doch wie genau steht Marx zu Finanzkrisen? Welche Rolle spielen Finanzmärkte im Kapitalismus? Warum sind periodisch auftretende Finanzkrisen unvermeidbar? Und wie kann die aktuelle internationale Politische Ökonomie bezogen auf Marx die derzeitige Krise interpretieren? Auf diese und weitere Fragen möchte der Workshop näher eingehen und so die Teilnehmenden in die kritische Politische Ökonomie einführen.

 

Workshop 8: Diverse Ökonomien & Post-Wachstum - eine Unternehmensperspektive

Jana Gebauer (Die Wirtschaft der Anderen sowie Fellow am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW))

Simon Walch (Universität Kassel)

Sprache: Englisch

Dieser Workshop wird sich kritisch mit der herrschenden Wahrnehmung "des Unternehmens", als lediglich groß, expansiv, von Profit getrieben und rivalisierend, auseinandersetzen. Dazu werden die Vielzahl wirtschaftlicher Akteure aufgezeigt und die Vorstellung, wie wir uns Business vorstellen überdacht. Hierfür betrachten wir die derzeitige Welle der Wachstumskritik im Kontext der sozialen, ökologischen und ökonomische Krisen, sowie nicht nur theoretische, sondern auch praktische Ansätze, hinzu einer sozial-ökologischen Transformation. Der Workshop konzentriert sich auf die Rolle des Unternehmens sowohl als Vertreter, als auch Objekt der sozial-ökologischen Transformation. Daher hat der Workshop das Ziel weitere alternative unternehmerische Konzepte zu präsentieren, diskutieren und zu vergleichen. Beispielsweise post-wachstums und gemeinwohlorientierte Unternehmen, sowie Kooperativen, soziale und nachhaltige Unternehmer. Diese Formen des Wirtschaftens sind eher klein, nicht wachstumsorientiert, von der Sache selbst angetrieben und gemeinschaftlich orientiert. Weiterhin wird die Frage gestellt, ob und wie diese Ansätze auch in einem größeren unternehmerischen System integriert werden können und welche systemischen Faktoren (Gesetze, Steuern, wirtschaftliche Ausbildung, usw.) diese Transformation unterstützen oder hemmen können.

 

Workshop 9: Geschichte des ökonomischen Denkens (mit Bezug auf Entwicklungen des Handels)

​Gonçalo Fonseca (Institute for New Economic Thinking)

Sprache: Englisch

Der ökonomische Nationalismus ist zurückgekehrt. Der internationaler Handel steht wieder in der öffentlichen Debatte. Freihandel hat eine lange Tradition in den Wirtschaftswissenschaften, aber immer bestand zumindest eine gewisse Skepsis.

In diesem Workshop wird es um Handelstheorien aus einem historischen Blickwinkel gehen. Wir werden uns zum einen mit der Ideengeschichte auseinandersetzen; zum anderen welche Auswirkungen die ökonomischen Rahmenbedingungen auf diese Theorien hatten und ihre Umsetzungen in der Wirtschaftspolitik. Wir werden in den frühen Anfängen des Handels beginnen, über die merkantilistische Ära weiter zu den liberalen und nationalistischen Auslegungen im 19. Jh. hinzu Handels- und Entwicklungsmodellen des 20. Jh. gehen.

Wie sich herausstellen wird, ist Vor- und Nachteile des freien Handels abwiegen nicht trivial. In diesem Kurs werden wir herausfinden, was Ökonom*innen über die Vorteile und Kosten des Handels, Institutionen und Politik und den Zusammenhang zwischen Handel und langfristigem Wachstum und Entwicklung gesagt haben. Es werden keine Kenntnisse über Handelstheorien zwingend vorausgesetzt, diese werden Stück für Stück im Kurs aufgebaut.

 

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