Plurales Zertifikat: Kurse und Inhalte

Kursinhalte

Feminist Political Economy - A Global Perspective (WiSe 23/24)

Die feministische politische Ökonomie ist heute einer der relevanten Ansätze, um die geschlechtsspezifischen Dimensionen des globalen Kapitalismus zu verstehen. Im Kontrast zu geschlechterblinden Ansätzen, die in der Mainstreamökonomik sowie in der politischen Ökonomie verbreitet sind, wirft die feministische politische Ökonomie ein neues Licht auf die Machtverhältnisse, die die Dynamik in den Haushalten, auf nationaler und globaler Ebene bestimmen. Sie erkennt und erforscht die Beziehungen zwischen dem Ökonomischen, dem Sozialen und dem Politischen bei der Reproduktion von Ungleichheit und setzt sich mit Debatten auseinander, die sowohl für den Globalen Norden als auch für den Süden relevant sind.

Der Kurs gibt eine Einführung in die Schlüsselthemen der feministischen politischen Ökonomie, die nötig sind um Ungleichheit im globalen sozio-ökonomischen System zu verstehen. Auf Grundlage des gleichnamigen Buchs von Dr. Sara Stevano (SOAS London), Prof. Sara Cantillon (Glasgow Caledonian University) und Dr. Odile Mackett (University of the Witwatersrand) strukturieren sich die Vorlesungen anhand der vier Themenbereiche key principles, public-private divides, employment, policy approaches. Die Vorlesungsvideos der Autorinnen werden begleitet durch ein wöchentliches Onlineseminar sowie zwei Präsenzworkshops in Karlsruhe. Der Kurs findet in Kooperation mit der Karlshochschule Karlsruhe statt.

(Kurs auf Englisch & Deutsch)

Planspiel “Wirtschaftspolitik auf dem Weg zur Klimaneutralität” (WiSe 22/23)

Es ist das Jahr 2022. Die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels verursachen bereits jetzt Wetter- und Klimaextreme auf dem europäischen Kontinent sowie in allen Regionen weltweit. Veränderungen bei Hitzewellen, Starkregen und Trockenheit werden mit immer stärkerer Evidenz darauf zurückgeführt. Angesichts der voranschreitenden Klimakrise hat die Europäische Union sich zum Ziel gesetzt, bis 2045 der erste klimaneutrale Kontinent zu sein. Nun soll ein Maßnahmenpaket mit dem Namen “ReadyFor55” erarbeitet werden, welches durch unterschiedliche Interessensgruppen - von denen ihr eine vertretet - verhandelt werden. Die Positionen der Interessengruppen basieren dabei auf unterschiedlichen ökonomischen Denkschulen, deren wirtschaftspolitische Vorschläge ihr herausarbeitet.

Die Verhandlungen werden hitzig geführt und die Stimmrechte sind nicht immer zugunsten der sozial und ökologisch ausgerichteten Gruppen verteilt. Die Verhandlungskrise befördert dann die Einberufung eines Zukunftskongresses, auf dem ihr die Wirtschaft so verhandelt, wie ihr sie selbst gestalten würdet. 
(Kurs auf Deutsch, Durchführung online mit Blockseminaren in Karlsruhe)

Macroeconomics - A European Perspective (SoSe 23)

Makroökonomische Fragestellungen gehören zu den politisch umstrittensten Feldern der Volkwirtschaftslehre: Ist eine höhere Staatsverschuldung nun förderlich oder schädlich für die Entwicklung der Wirtschaft, und inwieweit kann die Zentralbank mit ihrem Leitzins die Preisentwicklung steuern? Soll ein bestimmter Prozentsatz von Arbeitslosigkeit in Kauf genommen werden, um andere, z.B. Stabilisierungsziele einer Währungsunion zu erreichen? Auf welche Ziele richtet sich makroökonomische Steuerung überhaupt aus? Sollte Klimaschutz Teil der makroökonomischen Steuerung sein, inklusive der Geldpolitik? Dieser Kurs geht einen neuen Weg, indem er verschiedene theoretische Konzeptionen von wirtschaftlichen Zusammenhängen und die makroökonomischen Institutionen im Euroraum aufzeigt, die im Standardstudium meist nicht vorkommen.

Der Kurs nutzt als Hauptmaterial die aufgezeichnete online Vorlesung „European Macroeconomics“ von Prof. Peter Bofinger, erstmals gehalten 2021 an der Universität Würzburg. Für das Tutorium stehen den Studierenden eine Literaturliste mit Texten aus Wirtschafts- und Sozialwissenschaften zur Verfügung. Zudem stellt der:die Dozent:in Übungsaufgaben und Leitfragen zur Literatur.

Jede Woche steht für die Teilnehmenden eine Online-Vorlesung in Form eines Videos bereit. Des Weiteren sind sie angehalten in Ergänzung selbständig Übungsaufgaben durchzugehen und sich mindestens einen der vorgegeben Artikel durchzulesen. Im dritten Teil werden dann sowohl die Übungen als auch die Texte kritisch im Tutorium diskutiert und hinterfragt. Als Teil des Kurses wird es ein Präsenztreffen mit Exkursion nach Frankfurt geben, siehe Ablaufplan.
(Kurs auf Englisch & Deutsch)

 

Welchen Mehrwert hat eine plurale Herangehensweise im Vergleich zu den meisten VWL-Studiengängen?

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Plurale Ökonomik kennenlernen

Wir zeigen auf, was in der VWL fehlt: Es gibt mehr als nur die eine Denkschule, die sich mit Optimierung unter Knappheitsbedingungen beschäftigt. Andere Ansätze behandeln etwa ökonomische Probleme wie Wandel, Unsicherheit oder Herrschaft. Je nachdem mit welcher Brille wir auf die Wirtschaft schauen, können wir unterschiedliche Funktionsweisen erkennen, die alle zum Verständnis dieses komplexen Systems wichtig sind.

Wirtschaft verstehen & gestalten

Wir verstehen VWL nicht als Methode der rationalen Wahl und Optimierung, wie es im Studium gelehrt wird, sondern als Gegenstand der Analyse. Das heißt, dass wir lernen, plural ein Bild der “echten Wirtschaft” zu bauen, und dass wir uns darin ausbilden, Urteile über wirtschaftliche Mechanismen und Entwicklungsrichtungen treffen zu können. Dabei haben wir auch schon ein bestimmtes Bild von “der Wirtschaft” im Kopf, mit dem wir uns auseinandersetzen.

Reale Wirtschaftssysteme analysieren & ethisch wissenschaften

Wir legen den Markt nicht als Ausgangspunkt der wirtschaftlichen Analyse fest, sondern betrachten gesellschaftlich-historische Systeme, wie Kapitalismus, Staatskapitalismus, Staatssozialismus oder Subsistenzwirtschaften. Damit versuchen wir auch, uns mit der Rolle der VWL in der Gesellschaft auseinanderzusetzen, wie das andere Geisteswissenschaften üblicherweise tun (z.B. verortet sich die Politikwissenschaft innerhalb demokratischer Systeme und die Soziologie setzt sich laufend mit ihrem aktivistischen oder eher passiven Anspruch auseinander).

 Welche Perspektiven lerne ich im Zertifikat kennen?

Neoklassische Perspektiven

  • Basierend auf der liberal und gegen Feudalismus ausgerichteten Klassik (18. Jhdt.), hat die klassische Ökonomik viele Wendungen über die marginalistische Revolution (19 Jhdt., eigentliche “Neoklassik”) zur Mainstreamökonomik unternommen, die zuletzt mit dem empirical turn (21. Jhdt.) eine noch offene Entwicklungsrichtung annimmt. 
  • Neoklassik dient dabei als Sammelbegriff all dieser Ansätze - die durchaus Unterschiede aufweisen - aber deren Merkmale ein Denken in methodologischen Individualismus, Gleichgewichten, Optimierung und Kosten-Nutzen-Abwägungen beinhaltet. 
  • Das Konzept Neoklassik hat somit noch Relevanz, solange die theoretische und empirische Arbeit (auch implizit) auf den zuvor genannten Konzepten basiert 

Keynesianische Perspektiven

  • Die neoklassisch basierte Mainstreamökonomik geht trotz der Integration von nachfrageseitigen Elementen von der Angebotsseite der Wirtschaft aus.
  • Der Keynesianismus hat eine nachfrageseitige und kredit-theoretische Fundierung.
  • Er schärft somit den Blick für die Auswirkungen sektoraler Ungleichgewichte und der Einkommens- und Vermögensverteilung, sowie für Gründe wiederkehrender Finanz- und Wirtschaftskrisen.

Rechtliche und polit-ökonomische Perspektive

  • Moderne ökonomische Systeme setzen eine politisch-rechtliche Ordnung voraus, die wirtschaftliche Tätigkeit ermöglicht, beschränkt, oder umlenkt. Dies geschieht beispielsweise in Form der Eigentumsordnung und Vertragsfreiheit, Schaffung und Steuerung von Märkten oder der Ressourcenverteilung durch Besteuerung.
  • Diese Perspektive eröffnet Raum für tiefergehende Analysen von abstrakt-ökonomischen Modellen und zeigt Handlungsspielräume auf.

Marx’sche Ökonomik

  • Die Marx’sche Ökonomik beschreibt, welch tiefgreifende Umwälzung die Industrialisierung und die Etablierung des Profitmotivs für Gesellschaften bedeutet. 
  • Sie schlüsselt auf, welche Voraussetzungen die Produktion von Waren hat, beschäftigt sich mit gesellschaftlicher Vereinheitlichung des Wertestandards und der Verwandlung von Arbeit in einen Produktionsfaktor, und warum sich hieraus ein Imperativ des Wachstums der Warensphäre ableitet. 
  • Mit ihrer Krisenanalyse und der Kritik an der Neoklassik und dem Keynesianismus weist sie auch heute noch interessante Elemente für die Diskussion alternativer Wirtschaftsweisen auf.

Feministische Ökonomik

  • Die feministische Ökonomik erkennt Geschlechter- und Beziehungsverhältnisse als eine zentrale Kategorie ökonomischer Analysen an, die den Einsatz von Ressourcen organisieren. Dabei geht es neben der Arbeits- auch um die Affektteilung von Gesellschaften.
  • Mit dem Begriff der “Sorge” und der Reproduktionsarbeit erlaubt sie Teile der Wirtschaft in den Blick zu nehmen, in denen Ungleichheitsdynamiken (in Bezug auf Geschlecht, Race und Klasse/Kaste) noch einmal einen größeren Raum einnehmen als sich bereits auf Märkten abzeichnet.

Ökologische Ökonomik

  • Die ökologische Ökonomik unterstreicht die Bedingtheit der als “ökonomisch” definierten Sphäre der Geld- und Warenflüsse von Naturressourcen, -reproduktion und -senken. 
  • Sie betrachtet dabei die Umwelt nicht als einen Produktionsfaktor unter anderen, wie etwas die neoklassisch ausgerichtete Umweltökonomik, sondern als eine Sphäre die eigenen Stabilitätsbedingungen folgt. Während die Umweltökonomik Konzepte wie die den Zertifikatehandel kennt, sind für die ökologische Ökonomik Konzepte wie absolute Nutzungsgrenzen charakteristisch.

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